Hildisrieden, Rain und Römerswil feiern gemeinsam den Bettag
Am Sonntag, 17. September feierten die nach Auflösung der grossen „Genossenschaft am Berg“ (Berghof) im Jahre 1838 entstandenen Gemeinden und Pfarreien Römerswil, Rain und Hildisrieden zusammen den Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag.
Vor 36 Jahren geschah dies zum ersten Mal. Bei gutem Wetter trifft man sich jeweils 660 m südlich des Punktes, wo die drei Gemeinden aneinander grenzen. Dort in Gundolinge befindet sich die Gedenkstätte für Petermann von Gundoldingen, des Luzerner Schultheissen und Führers der Luzerner Truppen im Sempacherkrieg gegen Österreich. In den letzten drei Jahren musste dieser Ort auf die regionale Bettagsfeier verzichten wegen Pandemie oder schlechtem Wetter.
Einladung zum persönlichen Richtungswechsel
Der staatliche Feiertag wird seit 1848 in allen Kantonen immer am dritten Sonntag im September gefeiert. Die Luzerner Landeskirchen, zu der die christkatholische, die evangelisch-reformierte und die römisch-katholische Kirche gehören, die Islamische Gemeinde Luzern (IGL) und der Kanton treten seit 2009 jeweils mit einer gemeinsamen Aktion zum Bettag auf. Das diesjährige Motto soll zum Nachdenken anregen. Der Bettag steht ganz im Zeichen eines Richtungswechsels. «Reset – neu denken – handeln», so lautet das Motto. Es geht darum, «unsere Gemeinschaften zu stärken, indem wir uns auf unsere Werte besinnen: Nächstenliebe, Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung, Toleranz und Solidarität.
Gott, ich kann nicht mehr – es ist genug
Marie-Luise Blum, Pfarrerin der reformierten Kirchgemeinde Hochdorf, Thomas Villiger, Römerswil, Fachverantwortlicher für Liturgie der römisch katholischen Landeskirche des Kantons Luzern und Erich Hausheer, Pfarreileiter von Rain und Hildisrieden hatten zusammen die eindrückliche Feier vorbereitet und haben sie auch mit grossem spirituellen Engagement geleitet.
Zugrunde legten sie, aus dem ersten Buch der Könige Kap. 19, die Geschichte von Prophet Elija, der wegen Verfolgung um sein Leben bangte und in Angst in die Wüste floh. Dort schlief er unter einem Ginsterstrauch ein mit dem Gedanken: Gott, ich kann nicht mehr – es ist genug. Der Fokus der Predigt richtete sich auch noch auf zwei andere Personen der Gegenwart, die in einen schwierigen, fast aussichtslosen Zustand gerieten: Anna Shammas, die vor Jahren aus Syrien flüchten musste, mutterseelenallein, sie mochte einfach nicht mehr. Schlussendlich berührte sie, wie in der Geschichte von Elijah, ein Engel in Gestalt einer Frau, die ihr in Aarau eine Bleibe verschaffte. Die 2. Person ist Marie-Luise, die ihre Geschichte gerade selbst erzählte: „Vor vier Monaten auf dem Asphalt liegend, nachdem ein Auto mir die Vorfahrt nahm, waren meine inneren Worte: Gott ich kann nicht mehr! Es tat so weh“. Eine weibliche Stimme holte mich aus dem Filmriss, ein Engel, eine Ärztin, kniete neben mir. Liebevoll gab sie mir zuversichtliche Rückmeldungen: Sie können ihre Beine bewegen und mit mir reden. Ja es gibt sie, die Engel, die uns Menschen berühren und Gottes Liebe erfahrbar machen, auch heute“.
Das Leben ist wie ein Leiterlispiel
Ein Feld zurück, oder im Extremfall zurück zum Anfang schicken uns die Spielregeln des Lebens. Reset, neu organisieren, ist angesagt. Nachdem Elija wieder bei Kräften war, hatte er eine Gottesbegegnung nicht im Kampf, in grossen Naturgewalten, sondern in einer Stimme verschwebenden Schweigens. Anna wurde in der Schweiz als Syrerin angenommen, hat Theologie studieren dürfen und ist heute Dozentin am Theologisch-Diakonischen Seminar in Aarau für interkulturelle Zusammenarbeit.
Marie-Luise hatte durch das Ereignis mehr Zeit und die Erkenntnis gewonnen, dass manches im Leben erst durch schwere Erfahrungen erschlossen werden kann.
Musik, ein wesentliches, verbindendes Element im Gottes- und Mitmenschendienst
Die Musikgesellschaft Brassband Römerswil unter der Leitung von Marcel Roth, bereicherte den frühherbstlichen Outdoorgottesdienst mit feierlichen Klängen. Die Harmonien des Schweizerpsalms unterstützten die Spiritualität des Tages.
Die Kirchenchöre Rain und Hildisrieden unter der Leitung von Pia Gisler gaben wertvolle textliche und klangliche Impulse. “ . . .Und bis wir uns wiederseh`n, halte Gott uns in seiner Hand“aus dem irischen Segenslied klang auch während des Brot-Käse-Most-Apéros, organisiert und serviert von den Kirchenrät:innen der drei Pfarreien noch nach.
Bericht und Fotos Emil Barmet